Heute, 2. September, wird die Bundeszentrale für politische Bildung ihr Wahlberatungstool „Wahl-O-Mat” freischalten. Inzwischen gibt es verschiedene ernstzunehmende Alternativen, die nicht nur schneller am Start waren, sondern auch innovativer beraten und so eine breitere Wählerschaft für das Thema Politik begeistern können.
Laut einer aktuellen Studie nutzen mittlerweile mehr als die Hälfte der unter 34-Jährigen Wahlhilfeanwendungen vor einer Wahlentscheidung. Dass die Bundeszentrale für politische Bildung als staatliche Behörde seit bald 20 Jahren ausschließlich mit der Software des niederländischen Stemwijzer arbeitet, wird der steigenden Bedeutung von Wahlhilfe-Tools für die politische Bildung nicht länger gerecht. Immer wieder steht auch die Thesenauswahl in der Kritik, die beim Wahl-O-Mat vorrangig durch eine Schülerredaktion erarbeitet wird.
Beim bereits am 20. August erschienenen WahlSwiper werden die Fragen Altersgruppen übergreifend durch ein Team von Politikwissenschaftlern der Universität Freiburg erarbeitet. Darüberhinaus verfolgt der WahlSwiper des gemeinnützigen Vereins VoteSwiper ein anderes Konzept und klärt auch über die Hintergründe der entwickleten Fragen in kurzen Videos auf. „Wir setzen hier deutlich stärker auf Bildung und Information als die Bundeszentrale für politische Bildung“, sagt Projektleiter und Vereinsvorstand Matthias Bannert. „Aus unserer Sicht reicht es nicht, nur Thesen zur Abstimmung zu stellen, sondern man muss politische Debatten hinter den Fragen auch erklären, damit sich alle ein persönliches Urteil bilden können.“ Damit sich auch Menschen mit Migrationshintergrund informieren können, werden die Fragen und Erklärvideos nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Englisch, Türkisch, Russisch, Arabisch und Persisch angeboten.
Seit Ende Juli ist der Wahltest online, bei dem man Themen stärker als beim Wahl-O-Mat gewichten kann, der seit zwei Jahrzehnten ausschließlich Wahlprogramme vergleicht. Zudem lassen sich beim Wahltest bei bestimmten Themen bewusst auch mal aus drei, vier oder fünf unterschiedliche Antwortmöglichkeiten auswählen. „Wir finden, dass sich das Mehrparteiensystem so manchmal besser abbilden lässt”, meint Juri Maier, dessen Kommunikationsagentur wegewerk den Wahltest bereits 2001 für die Berliner Abgeordnetenhauswahl entwickelt hat.
Einen ganz anderen Ansatz verfolgt FollowTheVote, ein aufstrebendes soziales Start-up, das zu der Bundestagswahl 2021 nicht mit Programmaussagen, sondern den Entscheidungen der vergangenen Legislaturperiode arbeitet. Dabei werden Unentschlossene zuerst interaktiv mit Informationen und Argumenten durch Bundestagsdebatten geführt, um dann am Ende selbst Haltung zu beziehen. Dadurch entsteht nach und nach ein persönliches politisches Profil. „Unser Ziel ist es, mit dem Tool eine dauerhaftere Auseinandersetzung mit Politik anzuregen und somit eine politische Haltung bei den jungen Bürger*innen zu fördern”, sagt Maren Heinz, eine der beiden Gründer des Projekts.
Ähnlich verfährt auch das Projekt DeinWal, das aus den erfolgten namentlichen Abstimmungen im Parlament die Fragen erstellt. „Wir berechnen die Auswertung basierend auf dem tatsächlichen Abstimmverhalten der Parteien. Bei DeinWal können also keine falschen Versprechen gemacht werden”, sagt Tom Theile. Deswegen sei DeinWal eine gute Ergänzung zu den anderen Wahltools.
Gemeinsam fordern die Anbieter, dass auch die Bundeszentrale für politische Bildung auf die Vielzahl unterschiedlicher Wahlhilfekonzepte aufmerksam macht.